Wechseljahre
des Mannes: „Testosteron-Mangel-Syndrom“ - wie häufig
ist es und muss es überhaupt behandelt werden?
Während
kein Experte aufgrund der Eindeutigkeit der beobachteten
zeitlichen Entwicklung der Körperfunktionen ernsthaft
bezweifelt hat, dass es beim weiblichen Geschlecht
Wechseljahre gibt, sind die sog. Wechseljahre beim Mann
nie eindeutig wissenschaftlich belegt worden.
Zwar wird
in den Medien zunehmend über die Wechseljahre des Mannes
berichtet. Ein "Klimakterium virile", eine den
Wechseljahren der Frau vergleichbare plötzliche
altersbedingte Änderung der Produktion der
Geschlechtshormone - in erster Linie des Testosterons -
existiert beim männlichen Geschlecht jedoch nicht. Im
Gegensatz zur Frau kommt es beim Mann daher nicht zu einem
plötzlichen Verlust der Fruchtbarkeit, da ältere Männer
oft ähnliche Testosteronwerte haben wie jüngere und so bis
ins hohe Alter zeugungsfähig bleiben.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben aber durchaus
gezeigt, dass sich der Testosteronspiegel bei älteren
Männern im statistischen Mittel nach dem 40. Lebensjahr
kontinuierlich jährlich um etwa ein bis zwei Prozent
verringert. Daher haben 15 % - 20% der Männer über 50
Jahren einen erniedrigten Testosteronspiegel.
Obgleich
Testosteron kein überlebenswichtiges Hormon ist, erfüllt
es im männlichen Körper sehr viele wichtige Aufgaben und
ist insbesondre für die Lebensqualität eines Mannes von
großer Bedeutung. Testosteron
regt insbesondere das sexuelle Verlangen an. Bei
Testosteronmangel lässt dieses daher oft - aber nicht
immer - nach. Gleichzeitig besteht manchmal eine
Erektionsschwäche. Auch zunehmende Reizbarkeit,
Gefühlsschwankungen, Innere Unruhe und ein Nachlassen der
Konzentrationsfähigkeit können Symptome eines
Testosteronmangels sein. Die ärztliche Diagnose wird aber
durch den Umstand nahezu unmöglich gemacht, da alle diese
Symptome auch bei Männern beobachtet werden können, die
einen normalen Testosteron-Blutspiegel haben. Auf der
anderen seite gibt es Männer mit eindeutig erniedrigtem
Testosteron-Blutspiegel, die über keine der weiter oben
aufgezählten Symptome klagen.
Die zum
Teil sehr unspezifischen Symptome können natürlich auch
andere Ursachen haben, z. B. Tumore, Krankheiten der
Leber, der Nieren oder des Kreislaufs. Zudem sind auch
bestimmte Medikamente in der Lage, durch Nebenwirkungen
auf den Hormonhaushalt diese Veränderungen hervorzurufen.
Ein
Testosteron-Mangel ist also nicht zwangsläufig mit
Ausfallserscheinungen - also individuell als unangenehm
empfundene Symptome - verbunden.
An eine
Behandlung - beispielsweise durch die Gabe von Testosteron
in Form von Spritzen, Pflastern oder eines Gels - ist
daher nur unter den folgenden Voraussetzungen zu denken
1. eindeutige Symptome eines Testosteronmangels
vorliegen
2. ein niedriger Testosteron-Blutspiegel im Labor
nachgewiesen werden kann
3. wenn ein bisher nicht erkannter Prostatakrebs
sicher ausgeschlossen werden kann.
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Im
ärztlichen Alltag stellt sich also oft die Frage, ob
altersabhängige hormonelle Veränderungen tatsächlich für
körperliche Veränderungen im Alter verantwortlich sind.
Eine im Alter eintretende Leistungsminderung darf nicht
ohne weitere diagnostische Abklärung einfach als
"altersbedingt" und somit als nicht therapiebedürftig
abgetan werden.
Im Rahmen
der Diagnostik müssen immer auch hormonelle Ursachen eines
Leistungsabfalls berücksichtigt weder. Obgleich die
generelle Substitution von Testosteron bei älteren Männern
sinnlos ist und gelegentlich - wenn beispielsweise ein
unerkanntes Prostatakarzinom vorhanden ist - auch das
Krebswachstum fördern kann - sollte sie vom behandelnden
Arzt häufiger als
bisher üblich ernsthaft in Erwägung gezogen werden.
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